Weimar, die Stadt der Deutschen Dichter und Denker, ist ja vielen ein Begriff. Goethe, Schiller, Liszt, Humboldt und noch viele mehr, alle verbrachten sie einen bedeutenden Lebensabschnitt in dieser Stadt.
Zu verdanken haben wir den Status von Weimar als Kulturhauptstadt Deutschlands dem Großherzog Carl August und seiner Liebe zur Kunst – anerzogen von seiner Mutter Anna Amalia. Der junge Carl August, Herrscher über Weimar ab seinem 18. Lebensjahr, stellte Goethe am Hof an; in erster Linie als beratenden Beamten, wobei er dem Schreiber auch viele weitere Aufgaben übertrug – ein Job also, der dem Künstler genug Freizeit ließ, um zu schreiben, und ein sicheres Einkommen, das ihm viele Reisen ermöglichte, um sich weiterzubilden.
Der damals schon bedeutende Goethe lockte nun andere Kunstschaffende in die Stadt; an erster Stelle wäre da natürlich sein späterer Freund Schiller zu nennen, der sich ein Leben in dieser Stadt eigentlich nicht wirklich leisten konnte, und enorm über seine Verhältnisse lebte. Genug Geschichte.
Der Tourismus in Weimar boomt, die ca. 65.000 Menschen starke Einwohnerzahl wächst stetig, doch…ist Weimar eigentlich…besonders?
Ich schildere nun meine Eindrücke aus einem eintägigen Schulausflug nach Weimar mit Besichtigung des Schiller Hauses, viel Freizeit und einer langen Stadtführung.
„Also ’ne Shisha-Bar gibt’s“, lautete der erste Ausruf eines Klassenkameraden, auf sein Handy starrend. Ich schnupperte ebenfalls zum ersten Mal Weimarer Luft, und war gleich beeindruckt von den wunderbar restaurierten alten Gebäuden. Generell ist zu bemerken, dass die Stadt Weimar wohl in (Förder?)-Geldern schwimmen muss. In der Fußgängerzone der Innenstadt, nicht weit vom Theaterplatz entfernt, ist nur ein einziges unrestauriertes Haus zu sehen, von einem Gerüst gestützt, welches mit Planen die Sicht auf das Gebäude blockiert. Davor steht doch wirklich ein Schild, welches ungefähr besagt, es täte der Stadtverwaltung leid, dass Menschen diesen Anblick ertragen müssen, aber dieses wäre eines der wenigen Gebäude, welches nicht im Besitz der Stadt Weimar läge. Ich musste grinsen. Wenn sich in meiner Heimatstadt für jedes hässliche Haus entschuldigt würde, könnte man mit dem Geld für die Schilder den Welthunger beenden. Also wir halten fest: Wunderschön spießige Stadt, mit vielen schönen Gebäuden, teilweise restauriert, laut Stadtführerin auch teilweise nach altem Vorbild rekonstruiert.
Als Tourist in Weimar fühlt man sich wohl. An keiner Stelle verlassen oder orientierungslos. Überall stehen schöne neue Beschilderungen, die einem den Weg zu allen Sehenswürdigkeiten zeigen. An jeder Ecke, liest man „Schiller-blabla“ oder „Goethe-blublub“, wobei ich mich frage, ob ein Schiller-Kaufhaus, zwei Straßen entfernt vom Goethe-Kaufhaus, nicht ein bisschen übertrieben ist. Die Weimarer sind stolz auf ihr Kulturerbe. Abiturient(inn)en des Goethe-Gymnasiums werden nach dem Erhalt ihrer Abiturzeugnisse im Goethebrunnen – errichtet schon zu Goethes Lebzeiten – auf dem Frauenplan „getauft“. Ich musste grinsen, als ich das erfuhr. Generell ist zu bemerken, ich musste in Weimar oft grinsen. Was ja gut ist.
Wir hatten – ich selbst war nicht davon betroffen – eine negative Erfahrung mit dem Museumsbesuch des Goethe-Hauses gemacht. Da wir uns erst relativ kurzfristig und improvisiert in verschiedene Führungsgruppen einteilten (wir waren auf dieser Fahrt 92 Schüler), waren in einer Gruppe tatsächlich zwei ganze Leute zu viel. Zwei. Da zwei Leute so viel Unterschied machen, durften diese der Führung wegen aller Verklemmtheit des Personals – wir hätten sogar für Einzeltickets zusammengelegt – nicht beiwohnen. Zugegeben: Das kann einem in Deutschland überall passieren.
Die Jugendherberge in der wir eine Nacht blieben war sauber, und das Personal sehr nett. Das Abendessen war eher…naja…was uns nicht nicht so hart getroffen hat – immer noch beeinflusst vom All-You-Can-Eat Buffet beim Asiaten im Goethe oder Schiller Kaufhaus, ich weiß es nicht mehr, da seht ihr wo das hinführt.
Das Frühstück war reichhaltig, das Buffet appetitlich. Man konnte sich ein Lunchpaket zum späteren Verzehr kaufen, mit einem Liter Wasser, einem Apfel, einer Banane, Neapolitanern und so vielen Semmeln – selbst belegt – wie man in die Tüte quetschen konnte. Und das alles für 4,80€.
In unserem Zimmer war draußen auf der Fensterbank und auch auf den Betten so manches lyrisches Meisterwerk zu lesen, von anderen Schülern, wahrscheinlich inspiriert von der Künstlerischen Seele der Stadt. Ich möchte wegen dem großen Interpretationsspielraum besonders den Zweizeiler
Nazis
töten
hervorheben. Ein Meisterwerk moderner Lyrik. Ich musste wieder ein Mal grinsen. Dann dachte ich darüber nach. Und war beeindruckt.
Zusammenfassend war der Besuch in Weimar ein schönes Erlebnis, man erfuhr viel Geschichtliches, konnte viel bestaunen.
Wenn man sich allerdings für die Geschichte, das Theater und die berühmten ehemaligen Bewohner nicht wirklich interessiert, bleibt Weimar eine ganz normale Mittelstadt, nur eben mit vielen Hinweisschildern und einfallsreichen Kaufhausnamen.
Achja und die Shisha-Bar war echt gemütlich.